Strompreise vom 7.3.2016, kein Bonus, 3.500kWh Jahresverbrauch, durchschnittliche Preise pro PLZ-Region.

Ein Blick in die Strompreis-Vergleichsportale zeigt: der Wechsel vom Grundversorger zu einem preiswerteren Stromanbieter kann einem durchschnittlichen Haushaltskunden mehr als 300€ pro Jahr sparen. Das tatsächliche Einsparpotential hängt aber davon ab, wo man wohnt.

Eine Analyse der Strompreise in Deutschland schaut sich diese örtlichen Unterschiede einmal genauer an.

Einführung

Seit der Marktliberalisierung des deutschen Strommarktes ist die Stromtarifbindung an den lokalen Grundversorger aufgelöst. Während man früher keine Wahl hatte, von welchem Energieversorger man Strom bezieht, kann man heute auf Stromtarif-Vergleichsportale den günstigsten Stromtarifanbieter finden und Einsparmöglichkeiten von über 300€ pro Jahr realisieren.

Trotz dieses Einsparpotentials beziehen jedoch ca. 76% aller Haushalte ihren Strom über den Grundversorger (Bundesnetzagentur 2015). Auch wenn diese Zahl sinkt, es ist immer noch beeindruckend, wie viele Haushalte den lukrativen Wechsel in einen günstigeren Stromtarif noch nicht vollzogen haben.

Der Lieferantenwechsel hat bei Haushaltskunden seit 2006 erheblich zugenommen. Die Daten aus dem Monitoring 2015 ergeben, dass im Berichtsjahr 2014 eine relative Mehrheit von 43,2 Prozent der Haushaltskunden einen Sondervertrag beim lokalen Grundversorger abgeschlossen hat (2013: 45 Prozent). Der Anteil der Haushaltskunden in der klassischen Grundversorgung beläuft sich auf 32,8 Prozent. Damit ist der Anteil der grundversorgten Kunden gegenüber dem Vorjahr erneut zurückgegangen (2013: 34,1 Prozent).

24 Prozent aller Haushaltskunden werden inzwischen von einem Lieferanten, der nicht der örtliche Grundversorger ist, beliefert (2013: 20,9 Prozent). Der Anteil der Kunden, die nicht mehr mit dem Grundversorger in einem Vertragsverhältnis stehen, ist dementsprechend abermals gestiegen. Insgesamt ca. 76 Prozent aller Haushalte werden durch den Grundversorger beliefert (im Rahmen der Grundversorgung oder eines Sondervertrages). Die nach wie vor starke Stellung der Grundversorger in ihren jeweiligen Versorgungsgebieten hat damit im Berichtsjahr ein weiteres Mal abgenommen.
Monitoringbericht 2015, Bundesnetzagentur

Um die unterschiedlichen Preisniveaus in Deutschland zu vergleichen, wurde in einer geografischen Analyse auf Postleitzahlenebene die Preise des günstigsten Anbieters, der prozentuale Aufschlag des Grundversorgers und das Einsparpotential veranschaulicht.

Stromanbieter in Deutschland

Laut Bundesnetzagentur haben Haushaltskunden durchschnittlich 91 Anbieter zur Auswahl, von denen sie in ihrer Region Strom beziehen können. Die Analyse dieses Blog-Posts konzentriert sich auf den günstigsten Anbieter und den Grundversorger in der jeweiligen Region.

Vergleich der günstigsten Anbieter

Bei der Betrachtung der günstigsten Anbieter wird deutlich, dass zwei Anbieter, Grünwelt und STROGON, sich den Markt in Deutschland aufteilen.

Eine interessante Größe ist die Dominanz der Stromanbieter bei den günstigsten Preisen in der jeweiligen Region. Diese Größe wurde ausgerechnet, in dem der Anteil an Regionen, in dem der Stromanbieter den günstigsten Stromtarif anbietet, berechnet wurde. Wenn also die Postleitzahlenregion mit den Anfangsnummern 456 100 6-stellige Postleitzahlen hat, und Grünstrom in 70 Regionen den günstigsten Stromtarif anbietet, so ist deren Dominanz 70%.

Die Betrachtung der Dominanz zeigt, dass die zwei Anbieter Kernregionen definieren, bei denen sie eine relativ starke Dominanz erlangen.

Strompreise vom 7.3.2016, kein Bonus, 3.500kWh Jahresverbrauch, durchschnittliche Preise pro PLZ-Region.

Vergleich der Grundversorger

Die Betrachtung der Grundversorger zeichnet ein deutlich heterogeneres Bild des Marktes als bei den günstigen Stromanbietern. Viele kleine Stadtwerke sind Grundversorger in geografisch limitierten Gebieten. Es gibt aber auch Regionen, wo die großen Energieversorger wie E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall noch weite Teile als Grundversorger bedienen.

Strompreise vom 7.3.2016, kein Bonus, 3.500kWh Jahresverbrauch, durchschnittliche Preise pro PLZ-Region.

Interessant ist auch der Vergleich, welche günstigen Stromanbieter welchen Grundversorger preislich attackiert. Das folgende Sankey-Diagramm zeigt die Zuordnung zwischen Grundversorger und günstigstem Stromanbieter. Desto dicker die Pfeile, desto mehr Postleitzahlen-Regionen werden von dem Grundversorger bzw. dem günstigen Stromanbieter bedient.

SankeyID16f05488e7c87

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Auch in dieser Darstellug lässt sich eine Aufteilung des Marktes durch die zwei dominierenden günstigen Stromanbieter erkennen. Während E.ON, EnBW und N-Energie größtenteils von Grünwelt angegangen werden, werden die Postleitzahlen-Regionen, wo RWE Vertrieb Grundversorger ist, ausschließlich von STROGON attackiert. STROGONs Fokus auf RWE zeigt sich auch bei Lechwerke, die fast komplett zu RWE gehören, und deren Grundversorgergebiet vollständig von STROGON mit dem billigsten Stromtarif bedient wird. Auch enviaM, das zu fast 60% zu RWE gehört, wird fast komplett von STROGON attackiert. Ein weiterer Fokus von STROGON scheint das EWE Gebiet zu sein.

Strompreise in Deutschland

Für diese Analyse wurden an einem Tag (7.3.2016) die Preise des günstigsten Anbieters und die Preise des Grundversorgers pro Postleitzahl ermittelt und analysiert. Da die Preise von nur einem Tag betrachten werden, kann diese Analyse auch nur zu dem Preisniveau dieser Stichprobe eine Aussage machen.

Strompreise vom 7.3.2016, kein Bonus, 3.500kWh Jahresverbrauch, durchschnittliche Preise pro PLZ-Region.

Der Nordosten ohne Berlin hat die höchsten Strompreise in Deutschland. Grundversorger im Westen, hier vor allem RWE Vertrieb, berechnen den größten Aufschlag verglichen mit dem günstigsten Preis. Einsparungspotentiale beim Wechsel des Stromlieferanten sind daher im Westen am höchsten.

Wie viel bleibt bei den Anbietern hängen?

Der Strompreis, der dem Haushalt berechnet wird, ist nur zum Teil durch den Energieversorger selbst bestimmt. Abgaben, Umlagen, Steuern und Gebühren für das Stromnetz, die sogenannten Netzentgelte, sind wesentlicher Bestandteil des Endpreises.

Um transparent vergleichen zu können, wie stark die Preisunterschiede zwischen Grundversorger und Billiganbieter sind, müssen von dem Endkundenpreis diese anderen Bestandteile noch abgezogen werden.

Daher werden nun zunächst die Umlagen und Abgaben pro Region ermittelt.

Netzentgelte

Die Netzentgelte sind im Rahmen dieser Analyse die einzigen Abgaben, bei denen der Ort eine Rolle spielt. Die folgende Darstellung zeigt die unterschiedlichen Preisniveaus der Netzentgelte.

Netzentgelte wurden aus einer Analyse der Agora Energiewende extrahiert. Da die Werte in einzelnen Preisstufen vorlagen und für einzelne Regionen nicht vorlagen, wurde mit einem geostatistischen Verfahren gearbeitet (Kriging). Somit konnte auf 3-stelligem Postleitzahlenlevel eine Abschätzung der Netzentgelte erfolgen.

Abgaben und Umlagen

Die folgende Tabelle zeigt die Abgaben, die im Strompreis enthalten sind. Zusätzlich werden 19% Mehrwehrsteuer auf den Strompreis berechnet.

Abgabe Betrag in cEuro
Konzessionsabgabe 1.66
Stromsteuer 2.05
KWK-Umlage 0.45
EEG-Umlage 6.35
Offshore-Umlage 0.38
AbLa-Umlage 0.04
Quelle: BDEW

Preise ohne Netzentgelt und anderen Abgaben

Nachdem die Netzentgelte, die Abgaben und Umlagen abgezogen wurden, bekommen wir ein besseres Bild über die Preisniveaus, die der Energieversorger direkt beeinflussen kann, in den einzelnen Postleitzahlenregionen.

Eigene Analyse und Darstellung

Auch nach dem Abzug der anderen Bestandteile des Strompreises bleibt der Nordosten Deutschlands der Ort mit den höchsten Strompreisen, gefolgt von Baden-Württemberg. Der Aufschlag des Grundversorgers kann bis zu 250% auf den Preis des Billiganbieters betragen. Relativ teure Grundversorgertarife findet man im Westen und im Osten von Deutschland.

Zusammenfassung

Die Marktliberalisierung des Strommarktes hat Haushaltskunden Einsparpotential beim Strompreis ermöglicht. Dennoch vertraut die Mehrheit der Haushaltskunden weiterhin ihrem Grundversorger.

Vergleichsportale wie Verifox oder check24 machen die Einsparpotentiale transparent, konnten aber trotz intensivem Marketing nur eine Minderheit der deutschen Haushalte überzeugen, ihren Stromtarif zu wechseln. Vielleicht braucht es andere Ansätze, um das Potential beim Wechsel aus dem Grundversorgertarifs zu erschließen.